Das Fräulein Pollinger

Ein Volksstück mit Musik
von Traugott Krischke | nach Ödön von Horváth |
Inszenierung: Edith Koerber

Die wilden Zwanziger im schönen München; lebenslustige und volkstümliche Leute, die reden, wie ihnen der Schnabel gewachsen ist. Ein Biergarten, das traute Heim, ein Künstleratelier, ein Ausflug auf‹s Land im Cabriolet. Alles in allem eigentlich die Zutaten für zünftiges Volkstheater. Wenn, ja wenn nicht der Urheber der Vorlagen Ödön von Horváth wäre, der mit politischer und satirischer Schärfe jegliches romantische Idyll konterkariert.

So erhält der Humor des Stückes einen speziellen Beigeschmack. Die Lebenslust paart sich mit dem Überlebenskampf, die Liebe mit dem Geschäft. Und obendrein stehen die junge Agnes Pollinger und ihre »Karriere« von der Arbeitslosigkeit bis zur Prostitution, die umso zügiger verläuft, je höher die Männer gestellt sind, mit denen sie es zu tun hat…

Ein Hinweis: Ursprünglich war der Zuschauerraum in einen Biergarten umgestaltet, mit Bewirtung durch das Ensemble. Dies wird in den Rezensionen auch z.T. beschrieben. Leider können wir dies während der Pandemie nicht umsetzen, wir bitten um Verständnis und denken, dass das Vergnügen beim Betrachten der Aufführung zwar ein anderes, aber nicht schmaler ist.

Kritiken

Stuttgarter Zeitung | 22.11.2019

Starkes Schlussstatement

Klassisches Volkstheater? Das will Traugott Krischkes 20er-Jahre-Stück »Das Fräulein Pollinger« auf keinen Fall sein. Die bissige Gesellschaftssatire […] verharrt über weite Strecken im Gebaren des klassischen Volkstheaters: Schmutzige Witze werden ausgetauscht, es wird mit bayerischem Akzent gesungen und der Zuschauerraum dient als Wirtshaus, in dem das Publikum an Bierbänken sitzt und unter einem Himmel aus Lichterketten Weißweinschorle schlürft. […]

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Sabine Fischer
SWR2 | 21.11.2019

Anrührend, bissig, sehr witzig

Das Schicksal nimmt seinen Lauf. Die Männer, die sie [Agnes Pollinger] trifft, beuten die junge Frau aus dem kleinbürgerlichen Milieu aus. Am Ende muss sie sich tatsächlich prostituieren, um nicht zu verhungern. Intendantin Edith Koerber setzt das rasant in Szene. Mal anrührend, mal bissig, mal sehr witzig…

Die Geschichte vom Abstieg des Fräulein Pollinger zur Prostituierten konterkarieren schmissige 20er Jahre Lieder, die von einem schöneren Leben erzählen. Edith Koerber belässt das Stück in seiner Zeit, doch es entfaltet seine Wirkung. Erzählt vom aufkommenden Faschismus genau so wie von der chancenlosen Situation der kleinen Leute und vor allem von den Frauen als Opfer der Ausbeutung. Schauspielerisch überzeugend und authentisch, vor allem wenn die Szenen zwischen den Biertischen spielen.

Karin Gramling