»Der Spracherzieher und Mundartforscher Fritz Rahn beschreibt in seinem Buch ›Der schwäbische Mensch und seine Mundart‹ den hiesigen Stamm als einen, ›der die heftigsten Gegensätze zusammenspannt‹. Kühnheit und Zaghaftigkeit, Rebellentum und Spießigkeit, Misstrauen und Zutraulichkeit seien ebenso in einem schwäbischen Individuum vereint wie Standfestigkeit und Labilität sowie Höhenflug und Horizontlosigkeit.
Diesem Bauplan gemäß scheint auch Franz Xaver Ott die Figuren Hans und Albert entworfen zu haben, die in seinem preisgekrönten Stück ›Hoimetaberau‹, das 1997 am Theater Lindenhof uraufgeführt wurde und nun an der Stuttgarter tri-bühne in einer Inszenierung von Christine Gnann zu sehen ist, die schwäbische Seele verkörpern. Sie sind alles, was man Schwaben nachsagt: Tüftler, Schaffer, Bruddler, Denker, Eiferer…
Die Beiden beherrschen die Kunst des aneinander Vorbeiredens. Sie ist komisches und tragisches Moment zugleich. Denn Hans und Albert hören sich nicht zu, sind zu sehr in sich gefangen. Der Jüngere ist der Heißsporn, der den Blick nach vorn gerichtet hat, aber schon auch mal zum Zorniggel wird, wenn ihm die Arbeit nicht gelingt. Albert ist der Gemütliche, der Nachdenkliche mit Hang zur Melancholie. Er hadert mit seiner eigenen Biografie, die zögerlich ans Tageslicht dringt.
Franz Xaver Ott spielt in seiner ›Tüftlersonate‹ (so der Untertitel des Stücks) mit Mentalitätsklischees, verzichtet jedoch auf Überzeichnung. Pointierte Schärfe erhalten seine Figuren durch das große Repertoire an schwäbischen Urlauten und Phrasen, die in ihrem jeweiligen Kontext zum Teil dadaistisch anmuten. So entsteht eine Art von Humor, die alles andere als vordergründig ist. Das Wissen um die Eigenheiten von Land und Leuten und die Fähigkeit, Ton und Dialekt richtig zu interpretieren, sind zwingende Voraussetzungen, um die satirische Tiefe des Stücks zu erfassen.
Sein und Schein wechseln beständig, sind nicht offensichtlich getrennt: Grobheiten werden zur Sympathiebekundung, Fremdenfeindlichkeit erweist sich als Hass auf Nagetiere, altes Liedgut mutiert zum Szenenschnitt. Michalski und Ohngemach geben den Figuren nachvollziehbare schwäbische Authentizität und versetzen die Zuschauer durch präzises Spiel in die Stimmungslagen der Protagonisten. Von grenzenlos heiter bis tiefgründig-melancholisch ist alles dabei.«